Richtungsweisendes BGH-Urteil
Der deutsche BGH (Bundesgerichtshof) hat mit Urteil vom 27.10.2010 entschieden (Az. IV ZR 279/08), dass bei einem Gespann (also einem Kraftfahrzeug mit Anhänger, unabhängig davon ob der Anhänger/Auflieger von einem PKW, LKW oder Zugmaschine gezogen wird) eine Doppelversicherung im Sinne der KFZ Haftplfichtversicherung vorliegt. Dies bedeutet, dass bei einem durch ein Gespann verursachten Schaden grundsätzlich eine Teilungsquote von je 50% für das Zugfahrzeug und den Anhänger gilt.
Diese Quote ist unabhängig von der Frage, ob der Schaden durch das Zugfahrzeug oder den Anhänger verursacht wurde. Der BGH geht von einer Betriebseinheit von Zugfahrzeug und Anhänger aus. Die Entscheidung des BGH beruht auf der Änderung des StVG aus 2002, nach der eine eigene Anhängerhaftung eingeführt wurde. Eine subsidiäre Anhängerhaftung besteht nach Ansicht des BGH nicht, weil der Gesetzgeber mit der Änderung des StVG die Betriebsgefahr des Anhängers der Betriebsgefahr des Zugfahrzeuges gleichgesetzt hat. Daher bestehe eine Betriebs- und Haftungseinheit, in der keine unterschiedlichen Haftungsquoten angewendet werden können.
Das Urteil hat in denjenigen Schadenfällen erhebliche Auswirkungen, in denen Zugfahrzeug und Anhänger bei unterschiedlichen VR versichert sind. Dies dürfte vornehmlich bei gewerblichen Vermietern der Fall sein, kann aber auch bei jeder Spedition relevant werden, sofern diese (wenn auch nur gelegentlich) Anhänger oder Zugfahrzeuge vermietet bzw. verleiht. Die Schadenabteilung wird daher diejenigen Schäden regressieren, bei denen ein versichertes (Zug-) Fahrzeug einen Anhänger gezogen hat, und dieser beim Wettbewerb versichert ist.Andererseits werden bei isoliert versicherten Anhängern / Aufliegern Schaden-Aufwendungen entstehen, die denen von Zugfahrzeugen gleichzusetzen sind. Es ist damit zu rechen, dass die KFZ Versicherer das Urteil kurzfristig umsetzen und entsprechende Regresse führen werden.
In der Konsequenz wird dies zu einer deutlichen Prämiensteigerung im Bereich der KFZ Haftpflichtversicherung für Anhänger / Auflieger führen. Ein Blick nach Spanien genügt, denn dort unterscheiden sich die Prämien für Zugfahrzeug und Anhänger nur marginal und in Spanien ist das Teilungsprinzip im Schadenfall seit Jahren im Gesetz verankert.
Noch sind von diesem Urteil nur Schadenfälle betroffen, die sich in Deutschland ereignen. Da sich das deutsche Urteil jedoch auf eine im Jahr 2002 erlassene EU Regelung stützt, ist in jedem Fall damit zu rechnen, dass kurzfristig auch in anderen EU-Ländern, insbesondere in Österreich, ähnliche Prozesse zur Rechtssicherheit angestrebt werden.
Firmen, die sich mit dem Verleih von Anhängern / Aufliegern, ob gewerblich als Vermieter, Leasinggeber und Händler, oder als Spediteur und Frachtführer beschäftigen und diese Einheiten auf sich zugelassen haben, sind gut beraten ihre Struktur zu überdenken. Gleiches gilt für Unternehmen die mit “gemischten” Kennzeichen unterwegs sind und ihre Fahrzeuge bei verschieden Versicherern gedeckt haben. Bei Prämien für die KFZ Haftpflicht von Anhängern / Aufliegern um die € 12,- jährlich, ist es nicht schwer vorauszusehen, dass die Schadenbelastung ins unermessliche steigen wird. Sind negative Schadenquoten erst einmal vorhanden, dürfte es in einem veränderten Marktumfeld nicht einfach sein zukünftig einen günstigen Versicherungsschutz einzukaufen.
Wir werden dieses Thema in den nächsten Monaten intensiv beobachten und in weiteren Publikationen genauer durchleuchten. Für ein ausführliches Beratungsgespräch stehen wir Ihnen jedoch heute schon gerne zur Verfügung.
Das Urteil können Sie auf der offiziellen Homepage des BGH nachlesen unter:http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=54301&pos=0&anz=1